Donnerstag, 7. Januar 2010

Video - Kaustinens Schiberg

Unbedingt anschauen! Der unglaubliche "Schiberg" in Kaustinen und andere Naturimpressionen!

http://www.youtube.com/watch?v=am_6rB1R1Uk

Kann sein, dass die Musik zum Video nicht hörbar ist, ich hoffe allerdings, es funktioniert.

Woran man echte finnische Kälte erkennt:

  • Die Türklinke der Haustüre ist sogar innen gefroren, noch extremer aber der äußere Fenstergriff des doppelten Fensters.
  • Die Nasenflügel gefrieren beim Einatmen und schon das normale Gehen ist anstrengend. Man hustet, wenn man zu schnell durch den Mund atmet.
    Der Schnee lässt sich nur wiederwillig von den Bäumen schütteln, weil er so eingefroren ist.
  • Aus dem Kanaldeckel dampft es.
  • Autos werden am Parkplatz mit einem Kabel mit Strom versorgt, weil sonst der Motor beim Starten kaputtgeht.
  • An den Beinen entsteht ein Gefühl zwischen „eingeschlafenem Fuß“ und „Pflaster von einer Wunde reißen“, weil die Kälte so sehr schmerzt, obwohl du fast alle Kleidungsstücke mehrfach trägst: 2 Pullover, 2 Jacken, 2 Hosen, 3 Paar Socken, 2 Mützen und zwei Paar Handschuhe.
  • In den Augenwinkeln gefrieren kleine Tränentropfen, Wimpern und Haare, die aus der Mütze rutschen, bekommen einen weißen Umhang.
  • Du überlegst dir zwei Mal, ob du wirklich lachen sollst, weil die Kälte auf den Zähnen schmerzt, wenn du den Mund öffnest.
  • Das Thermometer zeigt, wie zum Beispiel am 7. Januar 2010 in Kaustinen zwischen -27 und -32 Grad Celsius.

FINNISCHER WINTER MACHT TROTZDEM SPASS!

Ein perfekter Tag

Am 6. Jänner ging ich ins Kansantaiteenkeskus und hörte den Volksmusikstudenten beim Proben zu. Anschließend gingen wir zu ihren kleinen Mökkis beim Campingplatz und kochten zusammen. Tortillas, mmh. Seit Montag gibt es einen neuen Studenten, der aus Südwestfinnland kommt und einen witzigen Namen hat: Yrjö.

Ausgerüstet mit Plastiksäcken machten wir uns später auf den Weg zu Salla, der Lehrerin und gingen gemeinsam rodeln. Es hatte bestimmt über -20 Grad und wir waren alle so dick eingepackt, dass wir uns kaum noch rühren konnten. Bei dem kleinen Hang setzten wir uns alle 7 auf die Plastiksäcke und rutschten ineinander eingehakt die Bahn hinunter. Solche witzigen Erlebnisse sollte es einfach öfter geben.

Danach gab es noch Glögi, Tee und Joulutorttu bei Salla und der Feiertag war perfekt.

Chillen in Lahti und SILVESTER in Helsinki

Am Dienstag, den 29. fuhren Saana, ihre Mutter und ich nach Tampere, um ein Ballkleid für Saana zu kaufen. Am Abend fuhr ich weiter nach Lahti und traf dort Anna und ihre zwei Freundinnen, die aus Deutschland zu Besuch waren. Das Nichtstun ging weiter, langsam wurde es schon anstrengend! Zumindest gingen wir in die Sauna, noch eine echte Holzsauna.

Anna arbeitet in einem Projekt mit Menschen mit Behinderung und wohnt in einem von drei großen, schönen Häusern. Die Bewohner und die Gastfamilie waren in den Ferien nicht da, also hatten wir das ganze, wunderschön dekorierte Haus für uns. In diesem Projekt konsumieren alle ausschließlich organische Produkte, angefangen vom Gemüse bis zum Waschpulver. Versorgt mit so viel Biodynamik und Fairtrade ließ es sich echt gut leben. Am Mittwoch nahm uns Annas Chef mit seiner Familie mit zum Eislaufen nach Lahti. Wir aßen in dem projekteigenen Cafe eine biodynamische Gemüsesuppe und der Nachmittag versackte dann wieder in der gemütlichen Küche. Am Abend holten uns die Kinder, die natürlich alle drei die Waldorfschule besuchen, zum Rodeln. Mit einem großen Traktorreifen rutschten wir zusammen einen winzigen Hang hinunter. Das war wirklich lustig. Ich konnte mich sogar mit den Kindern auf Finnisch verständigen.


Am 31. ging es nach erneutem In-der-Küche-sitzen-und-chillen ab nach Helsinki. Um 20 Uhr traf sich ein Haufen Freiwilliger bei Kamppi, der wichtigsten Bus- und Transportstation. Zufälligerweise lief ich Annika über den Weg, die ich im November in Jyväskylä besucht hatte. Wie klein Helsinki doch ist! Schließlich machte sich der Großteil der Freiwilligen auf in die Wohnung von Anjas Mentorin, in der Anna, die Mädels und ich übernachten würden. Wir tranken unsere Bier und Cider und liefen dann ins Zentrum. Ein paar Leute gingen schon vor 12 in den Club, ich wollte lieber zum Senatsplatz. Gerade, als wir dort ankamen, schlug es 12 und das neue Jahr war da. Das Feuerwerk war endlich einmal ziemlich klein und kurz. Vor dem Club „Redrum“, wo schon die anderen waren, standen wir dann fast eine Stunde in der Kälte Schlange. Endlich auf dem Dancefloor waren alle Strapazen wieder vergessen, sogar die 8 Euro Eintritt plus 2 für die Garderobe. (Außerdem erfuhr ich, dass die anderen den Jahreswechsel während dem Anstehen erleben mussten. Als es 12 schlug, standen sie also noch draußen, das war noch unspektakulärer…)


Am 1.1.2010 schien die Sonne und das war wahrscheinlich das Beste des Tages. Ich hatte das leidige Problem des Schlafplatzsuchens, da ich noch länger in Helsinki bleiben wollte. Als ich schon eine Stunde mit Anna und den Mädels in McDonalds gesessen war, schlug ich vor, doch noch den Hafen anzuschauen, wir wären sonst echt dort versauert. Es war zwar eiskalt draußen, aber ich glaube, mit jedem Besuch mag ich Helsinki mehr. Annas Freundinnen fuhren um 15 Uhr zum Flughafen, Anna fuhr zurück nach Lahti und ich organisierte schlussendlich doch noch einen Schlafplatz bei Marzio, einem Ex-Freiwilligen, der nun mit seiner finnischen Freundin in Helsinki wohnt und bei dem auch Yasmin und Petra übernachteten. Yasmin und ich besuchten abends Bekannte von ihr, auch ehemalige Freiwillige, gingen aber nicht mehr aus.

Am nächsten Tag, Samstag, reiste Yasmin ab und ich besuchte eine Kunstausstellung im Tennispalatsi und das Museum der Kulturen, dann traf ich mich mit Annika auf eine Tasse Heiße Schokolade. Als ich wieder bei Marzio und Heli ankam, kochten wir Ratatouille und quatschten noch lange. Am Sonntag packte ich meine Sachen, besuchte das Stadtmuseum in Helsinki und fuhr dann wieder nach Kokkola zurück. Im Zug sah ich wieder ein bekanntes Gesicht, Noora, eine der Volksmusikstudenten in Kaustinen.


Die ganze Reise war zwar sehr schön, aber auch anstrengend. Oft verging die Zeit sehr schnell, die Tage verbrachte ich mit Nichtstun und Schlafen, aber das war auch einmal wichtig. Ich habe bemerkt, dass ich in den 4 Monaten, die ich in Finnland bin, sage und schreibe 27 verschiedene Wohnungen besucht habe und in 15 davon übernachtet habe. Durch den Europäischen Freiwilligendienst habe ich bestimmt über 500 neue Leute kennengelernt.

Mein richtig finnisches Weihnachten in Virrat

Am Abend des 23. Dezember kam ich in Virrat an, einer Gemeinde mit ca. 7000 Einwohnern, um dort mit Saana und ihrer Familie Weihnachten zu feiern. Lichter und Laternen leuchteten vor dem kleinen Haus, was eine sehr heimelige Atmosphäre ausstrahlte. Saana und ich schmückten den Christbaum, sangen finnische Weihnachtslieder und ich hatte die Gelegenheit Brot für die Woche zu backen. Am nächsten Morgen, dem 24.12. lief traditionellerweise „The Snowman“ im finnischen Fernsehen, was wir uns gleich nach dem Aufstehen anschauten, wie kleine Kinder. Natürlich entdeckten wir auch drei kleine Schokolade-Weihnachtsmänner und eine DVD unter dem Christbaum, Grüße vom Tonttu, dem Weihnachtself. Saanas Mutter hatte am Vorabend schon angefangen, das Essen zuzubereiten und war nun schon wieder damit beschäftigt. Am Nachmittag begleitete ich Saanas Eltern zum Friedhof, um dort eine Kerze aufzustellen, wie alle anderen Gläubigen in Finnland. Der Tag verging rasch. Nachdem Saana und ich in der Sauna gewesen waren, stand auch schon das Festmahl auf dem schön gedeckten Tisch. Verschiedenste Arten von „laatikka“, eine Art Mus in einer Auflaufform – Karotten, Kartoffeln, Rüben, Nudel-Hackfleisch, usw., mehrere gemischte Salate (Rote Rüben und Gurken durften natürlich nicht fehlen), geräucherter Lachs und Pellkartoffeln ließen mir das Wasser im Mund zusammenlaufen, den traditionellen Weihnachtsschinken, der nach altem Brauch in einer Roggenteigkruste gebacken wird, nicht zu vergessen. Fast alles war so zubereitet, dass ich es essen konnte. Wir stießen mit einem Glas Rotwein auf das Weihnachtsfest an und genossen das gute Essen.



Bald danach gab es Bescherung. Zu meiner Überraschung schenkten mir Saanas Eltern eine Kalevala-Halskette mit einem Vogel als Anhänger. Das finnische Nationalepos „Kalevala“ enthält Teile der finnischen Mythologie. Früher glaubten die Menschen, dass die Vögel als Tiere des Himmels das Verbindungsglied zu den Göttern bilden und wollten durch sie Kontakt mit den Ahnen aufnehmen. Von Saana bekam ich Kerzen und gute Schokolade geschenkt. Saana und ihre Familie freuten sich auch über meine Geschenke, die Weihnachts-CD liefen sie später schon laufen. Ein richtig harmonisches Weihnachtsfest.



Am 25.12. früh am Morgen (8 Uhr ist bei dieser Dunkelheit wirklich noch mitten in der Nacht) gingen wir in die Kirche. Um 10 lag ich schon wieder im Bett und schlief bis 15 Uhr. Deshalb verging auch dieser Tag sehr schnell. Wir aßen nochmal vom Weihnachtsmahl und sahen zwei interessante Dokumentationen im Fernsehen.



Am 26.12., dem „tappanipäivä“ (Stefanitag), fuhren wir zu Mittag nach Ostfinnland zu Saanas Großvater. Die Fahrt dauerte mit Unterbrechung fünf Stunden. Landschaftlich gab es natürlich nicht viel Abwechslung. Wald, Wald und im Dunkeln war dann ja nichts mehr zu sehen. Saanas Großvater Paavo und seine Lebensgefährtin Saara hatten für uns gekocht. Es gab einen typisch finnischen Fleischtopf „karjalanpaisti“ und – wie könnte es auch anders sein – Kartoffeln. Saana und ich sangen Weihnachtslieder, sie spielte auf der Geige, wir unterhielten uns (Paavo sprach sogar ein bisschen Englisch!) und der Abend verlief sehr gemütlich. Am nächsten Tag standen wir wieder erst zu Mittag auf und fuhren schon bald zu Saanas Onkel, wo uns Kaffee und Kuchen erwartete und der süßeste Hund, den ich in meinem Leben gesehen habe. Der Vergleich mit einem Wollknäuel ist bei keinem anderen Hund treffender. Aber grotesk ist, dass genau diese Hunderasse auch kein Getreide fressen darf. Dieser Hund hatte Zöliakie! Ich habe ihn sofort in mein Herz geschlossen. Am späteren Nachmittag stand uns schon wieder die Heimreise bevor.



Mein Schlaf-Wach-Rhythmus war mittlerweile so gestört, dass ich am folgenden Tag, Montag, bis um 1 schlief, Saana sogar bis 3. Am Abend gingen wir Eislaufen. Ich wurde in die halbe, alte Eishockyausrüstung von Saanas 14-jährigem Bruder gesteckt und ausgerüstet mit Helm, Eishockeyschuhen und Schläger konnte es losgehen. Auf dem Platz lag aber leider zu viel Schnee.